Kontemplationslinie Wolke des Nichtwissens

Kontemplationslinie Wolke des Nichtwissens

Kontemplation im Verständnis der Willigis Jäger Nachfolge

Kontemplation ist Einübung in den Augenblick, in die Gegenwärtigkeit des Lebens. Diese Übung führt in eine tiefe Seinserfahrung, die das Göttliche selber ist.

Ich will sitzen und schweigen
und hören, was Gott in mir redet.

Meister Eckhart

Kontemplationslinie „Wolke des Nichtwissens“

„Dieser mystische Weg führt aus der Versenkung zurück in die Welt und in die Weltverantwortung.“ (Willigis Jäger)

Ausrichtung der Linie

Willigis Jäger hat die Kontemplationslinie „Wolke des Nichtwissens“ 2012 gegründet, um die mystischen Erfahrungen aus östlicher und westlicher Weisheit anderen Menschen zugänglich zu machen.

Wichtig war Willigis Jäger, dass die Struktur der Linie zu den Menschen von heute passt. Die Menschen unserer Tage sind keine Nonnen oder Mönche, bei denen das kontemplative Gebet vor allem Anderen gepflegt wurde.

Weggemeinschaft

Geleitet wird die Linie von Fernand Braun, Petra Wagner und Daniel Rothe, die zugleich die Linie repräsentieren und die von ihm vertretene kontemplative Ausprägung weiter entfalten.

Die Linie versteht sich als Weggemeinschaft für Begegnung, Übung, Vertiefung und Austausch. Die Kontemplationslinie sucht, wie die Zenlinie auch, den Austausch mit den Wissenschaften.

Die 140 Lehrer:innen  praktizieren und fördern die Übung der Kontemplation. Sie leiten Kurse und begleiten Schülerinnen und Schüler auf ihrem persönlichen Weg.

Begleitung auf dem kontemplativen Weg

Die spirituelle Begleitung, oder „Seelenführung“, wie es oft genannt wurde, ist eine uralte Tradition in der christlichen Spiritualität. Als Weggemeinschaft üben wir gemeinsam und begleiten uns gegenseitig. In der christlichen Tradition gibt es kein ausdrückliches Lehrer:innen-Schüler:innen-Verhältnis. Die eigentliche Führung kommt aus dem Inneren des kontemplativ Übenden.

Alle Personen, die mit uns einen gemeinsamen Übungsweg gehen wollen, haben die Möglichkeit sich von ausgebildeten und autorisierten Lehrer:innen und Lehrern begleiten zu lassen. Die Begleitung findet im Rahmen eines Kurses in den täglichen Einzelgesprächen mit der Lehrerin oder dem Lehrer statt. Nach Absprache mit den jeweiligen Kursleiter:innen kann die Begleitung auch über den Kurs hinaus stattfinden.

In unserer Linie legen wir großen Wert darauf, dass kein Abhängigkeitsverhältnis irgendeiner Art entsteht

Lange Geschichte der Kontemplation


Antike Vorläufer der christlichen Kontemplation

Der griechische Philosoph Plato (427-347 v. Chr.) zeigt in seinem berühmten Höhlengleichnis einen Weg, der den Menschen zur wahren Erkenntnis seiner selbst und der Welt bringen soll. Vom Höhlengleichnis wurde später der Dreischritt abgeleitet, der den kontemplativen Weg als „Läuterung – Erleuchtung – Einheitserfahrung“ beschreibt.

Der hellenistisch gebildete Jude Philo von Alexandrien (ca. 20 v.Chr. – 50 n.Chr.) hat eine Praxis zur Zentrierung des Bewusstseins entwickelt. In seiner Schrift „De vita contemplativa“ („Über das kontemplative Leben“) beschreibt er eine ordensähnliche Gemeinschaft der „Therapeuten“, die Körper und Seele heilen können.

Kontemplation und Neues Testament

Das Neue Testament berichtet mehrmals, dass sich Jesus in die Einsamkeit zurückgezogen hat, um in der Stille zu beten. Der Satz aus der Bergpredigt „Selig, die ein reines Herz haben, denn sie werden Gott schauen“ (Mt 5,8) wurde später als Verweis auf die Kontemplation verstanden: von der Läuterung zur Erleuchtung und Einheitserfahrung als „Schau göttlicher Wirklichkeit“.

Frühchristentum bis zum Beginn der Neuzeit – das Herzensgebet

Im 3. Jahrhundert haben Wüstenväter und -mütter in den Wüsten Ägyptens und Palästinas Praktiken der kontemplativen Übung entwickelt. Sie saßen in der Stille in ihren Kellions („Zellen“) und praktizierten vor allem das mantrische Gebet, um zur Hesychia („Herzensruhe“) zu gelangen. Hier beginnt die grosse kontemplative Tradition des Herzensgebetes und die kontemplative Praxis des wortlosen Sitzens in der Stille. Die Klöster und Ordensgemeinschaften der West- und der Ostkirche haben diese kontemplativen Praktiken weitergeführt und sind die wichtigsten Träger der Kontemplation geblieben.
Im 13./14. Jahrhundert haben die Dominikanermönche Meister Eckhart, Johannes Tauler und Heinrich Seuse mit ihren auf Deutsch geschriebenen Texten und Predigten dazu beigetragen, dass die Kontemplation über die Klöster hinaus Verbreitung fand.

Blüte und Niedergang von Kontemplation in der Neuzeit

In Spanien haben im 16. Jahrhundert Teresa von Avila und Johannes vom Kreuz Mystik und Kontemplation zu einer neuen Blüte gebracht. Nach ihnen sind Mystik und Kontemplation immer mehr in den Hintergrund getreten oder überhaupt verschwunden.

Die Wiederentdeckung von Mystik und Kontemplation im 20. Jahrhundert

Erst im 20. Jahrhundert wurde die Kontemplation als mystische Praxis neu entdeckt und gepflegt. Wichtig war dafür die Begegnung mit fernöstlichen spirituellen Wegen wie Zen, Vipassana oder Yoga. Hugo Enomiya Lassalle SJ, Willigis Jäger OSB und andere haben diese fernöstlichen Wege lange Zeit selbst praktiziert und sie dann nach Europa gebracht. Dabei wurde auch die eigene kontemplative Tradition neu entdeckt und suchenden Menschen zugänglich gemacht.

Der Weg endet und beginnt im Alltag – der Alltag selbst ist der Weg.

Willigis Jäger

Kontemplation als Übungsweg

Die zentrale Praxis der Kontemplation besteht im Hören auf die Stille. Dabei lässt sich erleben, dass die Wirklichkeit größer als alles Denken und Fühlen ist. Wird dieses Erleben ernst genommen, kann es in eine Haltung des Vertrauens zum Leben führen.

Sitzen in Stille und weitere Übungsformen

Beim stillen Sitzen als reine Praxis der Kontemplation fokussieren wir den Geist auf unseren Atem, mit dem wir ein möglichst einsilbiges Wort verbinden können. Oder wir öffnen unseren Geist als ein Lauschen oder „Schauen ins nackte Sein“ (Wolke des Nichtwissens).
Die Stille hilft uns zu erwachen zur Gegenwärtigkeit des Göttlichen inmitten unseres Herzens.

Daneben werden auch andere Übungsformen der Kontemplation praktiziert: Die Übung des Gehens, des Exerzitiums – das achtsame Arbeiten als Übung des Alltags, das Tönen, das Körpergebet und Rezitationen mystischer Texte und Rituale, die den achtsamen Geist und das mitfühlende Herz des Übenden unterstützen.

Einführungskurse

Ein Einführungskurs macht uns mit der Struktur und der Praxis der Kontemplation und deren begleitenden Übungen vertraut. Die Kontemplation-Einführungskurse am Benediktushof in Holzkirchen werden von autorisierten Kontemplationslehrer:innen der Linie „Wolke des Nichtwissens“ angeboten.

Kontemplation in einer Gruppe

Neben der persönlichen Praxis ist die Übung in einer Gruppe sehr unterstützend. Eine Gruppe ist hilfreich, um unsere eigenen Konditionierungen und Identifikationen zu erkennen, besser anzunehmen, zu korrigieren und schließlich loszulassen. Auch diese Kontemplations-Übungskurse bietet der Benediktushof Kurse an.
Die Gruppe als Weggemeinschaft trägt unsere eigene Praxis und stärkt und hilft uns in schwierigen Momenten der Kontemplation. Die gemeinsame Praxis sollte durch Achtsamkeit und Mitgefühl geprägt und von gegenseitigem Respekt getragen sein.
Für das Üben in Wohnort-Nähe, finden Sie hier eine Übersicht von Meditationsgruppen in Deutschland und einigen anderen europäischen Ländern.

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